Samstag, 31. Mai 2014

Immer wieder montags – Frieden ohne Aluhut



Am 2. Juni wird es wieder eine Veranstaltung gegen die Montagsdemonstrationen der sogenannten Friedensbewegung 2014 geben. Wir werden diese Gelegenheit nutzen, die Gründe darzustellen, aus denen wir diese Bewegung ablehnen.

Freilich ist keiner davon, auch wenn einige Montagsdemonstrant*innen das gerne unterstellen, dass wir etwas gegen Frieden hätten oder faschistische Auswüchse in der Ukraine gutheißen würden. Leider geht es bei den Montagsdemonstrationen aber nicht bloß „irgendwie“ um Frieden.
Vor der Demonstration in Halle war von anderen Montagsdemonstrationen bereits bekannt, dass diese rechte, braun-esoterische und andere Verschwörungstheorien bzw. Ideologieversatzstücke nicht nur zulassen, sondern auch aktiv unterstützen, obwohl diese nicht nur in der Sache falsch sind und komplexe Zusammenhänge extrem vereinfachen, sondern darüber hinaus zum Teil geschichtsrevisionistische, antisemitische, antipluralistische und schlicht menschenverachtende Züge tragen. Da von den Organisator*innen im Vorfeld keine entsprechende Abgrenzung vorgenommen wurde und sich die Demonstration sogar positiv auf die Beispiele aus anderen Städten bezog, mussten wir bereits im Vorfeld befürchten, dass sich auch in Halle ein ähnliches Bild darbieten würde.

Leider traf dies auch zu:  So bieten die Demonstrationen in Halle nicht nur Platz für die üblichen Verschwörungstheorien (insbesondere für die Annahme, dass eine geheime Macht mit Kondensstreifen von Flugzeugen die Atmosphäre vergiftet), sondern auch für bekannte Rechtsextreme, Reichsbürger, die die Existenz der Bundesrepublik und die Gültigkeit des Grundgesetzes abstreiten und natürlich für die Alternative für Deutschland. Da ist die eine unkritischen Haltung zu Russland und dessen bewaffneter Durchsetzung von machtpolitischen Interessen und dem Personenkult um den „großartigen Diplomaten“ Putin, dem „vollstes Vertrauen“ ausgesprochen wurde, noch eines der harmloseren Beispiele für immer wieder auf der halleschen Montagsdemonstration anzutreffende Meinungsbilder, die nur noch wenig mit Frieden zu tun haben. 

Denn auch völkisches und antipluralistisches Gedankengut trat in Redebeiträgen und auf Plakaten deutlich zu Tage. So hieß es auf einigen Plakaten, Parteien spalten „uns“, das Volk, und man wolle nur noch „den Landsmann“ sehen. Damit präsentierten die Montagsdemonstrant*innen eine Haltung, die davon ausgeht, dass sich „das Volk“ im Grunde einig sei, es gar keine echten Meinungsdifferenzen gebe, und dass, wie es in einem Redebeitrag hieß, das Volk nur in links und rechts „eingeteilt“ wurde, um es spalten und beherrschen zu können. Eine selbstbestimmte freie Meinungsäußerung bzw. -bildung kommt in so einem Weltbild nicht vor. Entweder folgt man der Meinung der Volksmasse oder ist fremdgesteuert bzw. will das Volk bedrohen. Demokratie ist in diesem Weltbild als zivilisierter Rahmen der Beilegung von Meinungsverschiedenheiten überflüssig – solche Meinungsverschiedenheiten gibt es schließlich im Grunde nicht.
Eine solche antipluralistische Einteilung der Menschen in „das Volk“ und „die Anderen“  ist Grundlage für ethnopluralistische Ideologien, die jeden Menschen nur seiner Volksgemeinschaft unterordnen, und den Kampf der Kulturen, also den Krieg zwischen Völkern fördern.

In der Diskussion mit Montagsdemonstrant*innen begegneten uns außerdem häufig antisemitische Denkmuster und daraus abgeleitete verkürzte Kapitalismuskritik. In diese Kerbe schlug auch ein Diskutant, der sich als Mitveranstalter vorstellte. Er bezeichnete sich zwar als Antifaschist, hatte aber seine sehr eigene Definition vom Faschismus, den er bekämpfen möchte. So habe Faschismus seiner Meinung nach nichts mit Volksgemeinschaft zu tun, komme nicht einmal aus dem Volk, sondern sei durch die Verschmelzung von Kapital und Staat von „denen da oben“ aufgezwungen worden. Die große Begeisterung und auch Unterstützung für Hitler und seine faschistische Ideologie, der Wille der Deutschen, der den Nationalsozialismus erst möglich machte, leugnete er damit schlicht weg und übertrug die Schuld auf eine kleine, verschworene Gruppe, die aufgrund ihrer charakterlichen Defizite das Volk unterdrücken und ausbeuten wolle. Die Frage, wer diese Gruppe denn sei, wollte er allerdings nicht beantworten.
Andere Teilnehmer waren da weniger zurückhaltend, sie benannten die Rothschilds, eine jüdische Familie, zu der auch Bankiers gehören, als Wurzel allen Übels, die den Finanzkapitalismus erfunden habe. Als Feindbild müssen natürlich nicht zufällig immer jüdische Familien herhalten, auch wenn diese wie die Rothschilds heute kaum noch bedeutenden Anteil am internationalen Bankgeschäft haben. Insbesondere Mythen über den Reichtum und gewaltigen Einfluss der Rothschilds haben eine jahrhundertelange antisemitische Tradition.
Der offensichtliche Antisemitismus paart sich hier auch noch mit der Verdrehung der Geschichte. Zu einem besonders ekelhaften Ergebnis führt die Vermischung von Schuldabwehr und Antisemitismus allerdings beim Nationalsozialismus. So seien auch für diesen Juden verantwortlich, die für die Machtergreifung Hitlers verantwortlich seien – und damit auch am Holocaust.

Diese hier aufgeführten geschichtsrevisionistischen, antisemitischen, antipluralistischen, zum Hass gegen Menschen aufstachelnden Standpunkte, die bei den Montagsdemonstrationen zur Schau gestellt werden, können wir nicht akzeptieren und auch keine Bewegung unterstützen, die solche Standpunkte verbreitet oder auch nur als legitimen Teil ihrer Protestkultur begreift. Damit wollen wir keineswegs – wie es uns und anderen Kritiker*innen der Montagsdemonstrationen vorgeworfen wurde – alle Teilnehmer*innen der Montagsdemonstrationen als Nazis, Antisemiten oder Geschichtsrevisionist*innen darstellen. Aber wir warnen vor den sehr eindeutigen Tendenzen, vor der dahinterstehenden Ideologie, die im scheinbar harmlosen Gewand einer Friedensbewegung dem Publikum schmackhaft gemacht werden soll.

Wer wirklich ohne diese braunen Elemente für Frieden demonstrieren will, ist herzlich eingeladen, am 2. Juni Montag 18 Uhr auf unsere Seite des Marktplatzes zu kommen, oder sich besser noch beim Friedenskreis und anderen Organisationen einzubringen, die nicht erst für den Frieden arbeiten, seit Ken Jebsen seinen Arbeitsplatz beim RBB verloren hat.