Dienstag, 20. September 2016

Internationale Wochen der Linksjugend Halle vom 12.10. bis 08.11.


Krisen, Krieg und Katastrophen, so könnte man die letzten Jahre kurz Zusammenfassen. Der Kapitalismus neoliberaler Ausprägung zerstört die Lebensgrundlage vieler Menschen in Europa. Die Zufriedenheit mit dem politischen System sinkt, da immer weniger Bevölkerungsschichten am gesell-schaftlichen Wohlstand in den Industrienationen teilhaben. Als eine Reaktion auf ausbrechende gesellschaftliche Kämpfe agieren die Regierenden immer autoritärer und bauen die Demokratie ab.
Notstandsgesetze, Arbeitsmarkt-"Reformen", das Auseinanderbrechen von Gesellschaften bis hin zu offenen Bürgerkriegen sind die Symptome dieser Zeit. Doch gibt es Hoffnung? Gibt es progressive gesellschaftliche Entwicklungen und Bewegungen die linke Ideale in dieser Zeit befeuern und den Kampf gegen Reaktion und Neoliberalismus aufnehmen? Mit diesen Fragen wollen wir uns in unseren "Internationalen Wochen" vom 12.10. bis 08.11. beschäftigen.

1.) Mit Podemos zur Demokratischen
Revolution? Krise und Aufbruch in Spanien

Mi 12.10. 18 Uhr Goldene Rose (Rannische Str. 19)
Referent: Raul Zelik

Vier Jahrzehnte nach Einführung der Demokratie steuert Spanien auf eine schwere Staatskrise zu. Seit Beginn des europäischen “Rettungsprogramms” 2011 haben sich die öffentlichen Schulden verdreifacht. Und wie überall in Südeuropa hat sich die soziale Lage dramatisch verschärft.25% der Bevölkerung sind arbeitslos, eine Million Menschen haben ihre Wohnung verloren, Löhne und Sozialleistungen wurden drastisch zusammengestrichen. Doch es rührt sich auch Widerstand. In Katalonien fordert die Mehrheit der Bevölkerung einen Bruch mit Madrid und eine demokratische Neugründ...ung des Landes.
Die »Empörten« des 15M haben seit 2011 immer wieder die Plätze und Straßen gefüllt. Bei den Kommunalwahlen im Mai 2015 waren alternative Kandidaturen überaus erfolgreich. Und nicht zuletzt scheint auch die 2014 gegründete linke Bürgerbewegung PODEMOS das politische Establishment herauszufordern.

2.) Ausnahmezustand in der Türkei und der Krieg gegen die Kurden

Do 20.10. 18 Uhr Melanchthonianum HS XXII (Universitätsplatz)
In Zusammenarbeit mit dem SDS.dieLinke an der MLU
Referent: Ismail Küpeli

Der gescheiterte Putschversuch am 15. Juli in der Türkei wird von der türkischen Regierung zu einer „Säuberung“ des Staatsapparats und zu massiven Angriffen gegen Medien und JournalistInnen genutzt. Durch die Verhängung des Ausnahme-zustands sind viele Rechte und Freiheiten eingeschränkt und Festnahmen und Verhaftungen deutlich vereinfacht. Über 1500 Institutionen wurden geschlossen, darunter Vereine, Gewerkschaften, Stiftungen, private Schulen, private Uni-versitäten, private Krankenhäuser. Mehr als 80000 Staatsbedienstete sind suspendiert oder entlassen, über 17000 Mensche...n sitzen noch in Untersuchungs-haft. Gleichzeitig tobt der Krieg in den kurdischen Gebiete im Südosten der Türkei seit über ein Jahr weiter. Mehr als Tausend Menschen wurden bei den Kämpfen getötet, mehrere kurdische Städte wurde weitgehend zerstört, mehr als 300.000 Menschen mussten aus den umkämpften Gebieten fliehen. Eine Waffenruhe oder gar Frieden ist für die nächsten Wochen und Monaten nicht abzusehen. Aber nicht nur innenpolitisch bewegt sich die Türkei in eine gefährliche Situation hinein. Mit der jüngsten Militäroffensive in Nordsyrien greift die Türkei direkt und sichtbar in den syrischen Bürgerkrieg ein. Die Folgen dieser Militärintervention, die nicht zuletzt von den kurdischen Kräften in Syrien abgelehnt wird, sind nicht absehbar. Ismail Küpeli, Politikwissenschaftler und Journalist, wird die Entwicklungen im vergangenen Jahr skizzieren und Prognosen über den weiteren Weg der Türkei wagen.

3.) Frankreich zwischen rechter Wende und sozialem Aufbegehren – Die Republik zwischen Front National und Protest gegen das Loi EL Khomri

Do 27.10. 18 Uhr Ha7 (Hasi) (Hafenstraße 7)
Referent: Sebastian Chwala

Frankreich ist in Bewegung geraten! Die massive Ablehnung der Arbeitsmarktreformen, die ähnlich wie in Deutschland durch den Abbau von sozial und arbeits-rechtlichen Standards prekäre Arbeitsverhältnisse durch befristete Arbeitsver-hältnisse und Lohndumping schaffen sollen, hat im Frühjahr 2016 gesellschaftliche Gruppen gemeinsam auf die Straße gebracht, die in der Vergangenheit eher getrennt marschiert waren. Gleichzeitig hat ein Akteur wieder das Haupt erhoben, der von vielen Beobachtern schon für tot ...erklärt oder aber als rechtsradikal deklariert worden war, die „Arbeiterklasse“!
So sehr diese Proteste in Form und Inhalt auch ein logisches Ergebnis der franzö-sischen Geschichte mit ihren zahlreichen demokratisch inspirierten Revolutionen und Aufständen zu sein scheinen, wird gerne vergessen, dass unser Nachbarland auch der Ursprung der konservativen Gegenbewegung, der „Konterrevolution“ ist. Es verwundert deshalb nicht, dass sich mit dem Front national (FN) eine politische Partei, die in dieser Traditionslinie steht, eine zentrale Rolle unter den politischen Organisationen erarbeiten konnte. Doch worauf beruhen die gängigen Erklärungs-muster der radikalen Rechten in Frankreich und ist es wirklich so, dass die Transformationsprozesse des Kapitalismus, vor allem ökonomisch abgehängte Arbeitermillieus zur wichtigsten Unterstützergruppe des FN machen? Fragen, die auch für die deutsche Debatte von Bedeutung sein könnten.

4.) Griechenland die vergessene und verdrängte Krise

Di 08.11. 18 Uhr Goldene Rose (Rannische Str. 19)
Referent: Robin May

„ Gelöst ist nichts, wir haben uns nur sehr teuer Zeit erkauft.” Seitdem die globale Finanzkrise 2007 nicht mehr zu ignorieren war, wurde das alte und sehr zweifelhafte Muster des “Gesundsparens” in Griechenland angewandt und das Austeritätsprinzip zum dogmatischen Mantra. Ein politisches Auf und Ab folgte. Erst als die “Flüchtlingskrise” die Medien beherrschte, verschwand der mediale und politische Fokus von der griechischen und europäischen Finanzkrise aber ein langfristiges Konzept für Griechenland gibt es nicht. Beleuchtet werden die Ursachen, die zur Finanz-, Wirtschaft- und Politikkrise in Griechenland führten, Konse-quenzen der angewa...ndten Austeritätsmaßnahmen und ein Ausblick auf eine Möglichkeit (Euro Bonds) der Rettung von der fatalen Austerität der griechischen und europäischen Wirtschaft.

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Ausschlussklausel: Als Veranstalter behalten wir uns vor, gemäß den §§ 6, 10 Versammlg LSA von unserem Hausrecht Gebrauch zu machen und nationalistische, sexistische, rassistische, homophobe, inter- und transfeindliche Personen sowie Verschwörungstheoretiker*innen und Querfrontler*innen aller Art und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.

Donnerstag, 1. September 2016

Wer Deutschland dient, kann nicht vernünftig sein! Ohne Pazifismus gegen die Bundeswehr

In Halle tritt die Bundeswehr gerne auf: In den letzten Jahren war sie stets beim Laternenfest zugegeben, auch auf anderen Stadtfesten durfte und darf sie weiterhin nicht fehlen. Zu sehen gab es am Stand des nationalen Militärs meist einen vermeintlich informativen Truck, ein bei Kindern durchaus beliebtes Trampolin [1], sowie Waffen und gepanzerte Fahrzeuge zum neugierigen Vergnügen. Ziel der ganzen Aktionen ist es, die Besucher*innen so früh wie möglich hierhin zu locken, also zum halleschen "Karrierebüro" der Bundeswehr, denn hier kann man herausfinden, wie man sich zum jahrelangem Dienst an der Waffe verpflichten kann. Wie der Name "Karrierebüro" bereits suggeriert, wird mit den angeblichen Vorteilen dieser Verpflichtung auch nicht hinter dem Berg gehalten: Bei der Bundeswehr gibt es die vom Neoliberalismus und der daraus resultierenden Perspektivlosigkeit vernichteten Aufstiegsmöglichkeiten noch, es gibt dort einen sicheren Job mit guter Bezahlung und festen Strukturen - so wird man es den Interessent*innen zumindest erklären. Für diejenigen, die nicht bereit sind, ein rein materielles Verhältnis zu ihrem eigentlich gehassten Job einzugehen, gibt es als Bonus noch die Behauptung, dass die Bundeswehr eine Arbeitgeberin sei, die die Angestellten an ihre Grenzen bringt und ihnen durch Zwang, Überforderung und Disziplinierung ermöglicht zu wachsen. So wird die Ausbildung bei der Armee zur rustikalsten Form der Selbstoptimierung. 
 
Außerdem wirbt die Bundeswehr, die sonst behauptet keine „Rambos“ haben zu wollen und eigentlich "familienfreundlich" und gleichstellungspolitisch auf der Höhe zu sein, mit der perfekten Atmosphäre für jeden Macker-Typus. So geht es in den Werbesprüchen und -videos darum, dass die Militär-Karren viel mehr PS hätten und man bei der Marine sehr gut rumballern kann. Dazu gibt es den ziemlich kitschigen Hinweis auf "echte Kameradschaft" und die Ehrenhaftigkeit und Härte, die man im Dienst beweisen würde - die Werbeoffizier*innen bedienen also das nicht aussterben wollende Klischee des 1000x totgeglaubten Männerfilms. 
 
Nach all' dem Geld und Mackertum wird für die immer noch Unentschlossenen endlich auch die Moral aufgeboten. Ähnlich wie in moralisierenden Sonntagsreden der Bundespolitiker*innen, führt die deutsche Armee an, dass sie doch für Frieden, Freiheit, Demokratie und Sicherheit stünde. Als hätte es die Kunduz-Affäre, bei der ca. 150 afghanische Zivilist*innen ihr Leben lassen mussten, nie gegeben und als wäre nicht deutlich geworden, dass die letzten Einsätze der Bundeswehr ihre Ziele stets verfehlt haben, wird die angeblich fortschrittliche Agenda in den Raum gestellt. Somit wird es fast zum moralischen Gebot endlich die Waffe in die Hand zu nehmen. Dass das wenige glauben und noch weniger überzeugt, zeigt aber schon die Tatsache, dass solche altruistischen Elemente nur einen kleineren Teil der Werbekampagne einnehmen - Geld, Selbstoptimierung und Mackertum werden zu Recht als deutlich zugkräftiger eingeschätzt.

Sonntag, 8. Mai 2016

Der Tag der Befreiung und die Abgründe des deutschen Staatsantifaschismus

Der 8. Mai ist wie kein anderer Tag das Symbol des staatlichen Antifaschismus. Während der Tag der Befreiung, an dem die bedingungslose Kapitulation vom letzten Teil der Wehrmacht unterzeichnet wurde, in einigen Ländern als Feiertag oder offizieller Gedenktag begangen wird, begnügt man sich in der Bundesrepublik damit, aller 5 Jahre eine große Gedenkveranstaltung im Reichstag abzuhalten.

Bei dieser werden stets herzerwärmende Reden gehalten, die die vielbeschworene dunkle Zeit leicht bekömmlich einkleiden. Dazu noch ein paar Worte zu den Lehren aus der eigenen Vergangenheit sowie zur aktuellen politischen Lage - und fertig ist die Festrede. Am stärksten in der bundesdeutschen Erinnerung ist wohl die Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker aus dem Jahr 1985 verankert, in der er vom "Tag der Befreiung" sprach. Diese Phrase sollte die vorherige Lesart der Kapitulation als Schmach ablösen.

Vor genau einem Jahr wurde der 70. Jahrestag begangen und Heinrich August Winkler, einer der angesehensten deutschen Historiker, nutzte die Chance, um in atemberaubender - aber wohl unfreiwilliger - Weise den deutschen Staatsantifaschismus samt der deutschen Läuterung vorzuführen. Seine Rede ist beispielhaft für den grotesken Umgang mit der NS-Vergangenheit. Uns jedenfalls hat diese mehr Spaß bereitet als es das Wedeln mit den Fahnen der Alliierten je tun könnte.

Man kann es getrost vorwegnehmen: Die Deutschen kommen wieder einmal nicht allzu schlecht weg. Winkler möchte natürlich niemandem die Möglichkeit nehmen, sich moralisch gut zu fühlen. Dafür muss man noch nicht einmal den eigenen Kopf anstrengen, sondern es reicht, sich nach den Geboten zu richten, die er von seinem Rednerpult herabreicht. Er kann sich wohl nichts schöneres vorstellen als ein Deutschland, das sich mittels kollektiver Befolgung der von ihm aufgestellten Regeln in einem ständigen Prozess selbst reinigt und seinen Weltmeistertitel im "Lehren aus der Geschichte ziehen" stolz behauptet.

Dienstag, 16. Februar 2016

JU demobilisieren - Deutschland in den Rücken fallen!

Am 17.02.2016 veranstalten unsere guten Bekannten von der Jungen Union Halle (Saale) ein Treffen mit dem Themenschwerpunkt "Bundeswehr". [1] Dem Veranstaltungstext bei Facebook ist leider kaum mehr zu entnehmen, als dass es ein netter Plausch mit einem Menschen aus eben jenem Verein werden soll. Als Linksjugend wollen wir das zum Anlass nehmen, einige unserer Gedanken über die Bundeswehr, die Junge Union und Gewalt zu formulieren:
1.) Die Bundeswehr ist der militärische Arm des deutschen Nationalstaates. Dieser ist kapitalistisch organisiert und steht deshalb in ständiger Konkurrenz zu seinen Nachbarn. Genau wie das Auswärtige Amt oder das Wirtschaftsministerium ist die Bundeswehr ein Instrument, um in der Konkurrenz besser wegzukommen als die anderen, also "deutsche Interessen" gegen nicht-deutsche durchzusetzen. Weil das Militär genau dafür geschaffen ist, bestreitet das auch niemand: Die so auf ihr Image bedachte Bundeswehr selber begründet zum Beispiel den Einsatz vor Somalia damit, dass sichere und offene Handelswege unter diese Interessen fallen würden, weshalb deutsche Staatsbürger*innen dort nun auf Piratenjagd gehen müssten. [2] Auch der Bundespräsident Gauck geht mit und erklärt, dass Deutschland von der bestehenden, angeblich "offenen Weltordnung" profitiere, weshalb diese auch mit militärischer Gewalt zu erhalten sei. [3]

2.) Zu den deutschen Interessen gesellt sich allerdings noch der Hinweis auf die "humanitäre Verantwortung". Gauck bringt das in der selben Rede gut auf den Punkt: Die offene Weltordnung von der Deutschland profitiert habe, soll nicht nur wirtschaftlicher Natur, sondern eben auch von "Werten" geprägt sein. Einerseits ist das durchaus ehrlich gemeint, auch wenn es Unsinn ist: In der bürgerlichen Ideologie werden nicht zu bestreitende Werte wie Presse- oder Meinungsfreiheit oft mit Wirtschaftsfreiheit zusammengedacht, beides soll einander bedingen. Gauck und die ihn bestätigende Bundesregierung mögen glauben, dass freie Handelsrouten politische Freiheit bringen  - eine unüberschaubare Menge an diktatorischen Regimen, die dem Freihandel und dem Markt frönen, sowie mit Deutschland beste Geschäfte machen, beweist aber das exakte Gegenteil. Andererseits ist das Gerede von Humanität aber auch schon an sich gelogen: Keine*r, der*die einen Einsatz der Bundeswehr begründet, glaubt daran, dass uneigenützige Motive an erster Stelle stünden. Wäre dem so, wären aus dem Massaker von Kundus - der Ermordung weit über 100 afghanischer Zivilist*innen durch einen deutschen Oberst, der inzwischen zum General befördert wurde - ernsthafte Konsequenzen gezogen worden. Auch wäre die Bundeswehr dann weniger darauf bedacht, den somalischen Pirat*innen ihr Geschäft zu versauen, sondern eher darauf, alternative Einkunftsmöglichkeiten für die Menschen in Somalia zu schaffen. Die Liste von Beispielen, wo die Bundeswehr ihre Mittel gegen Menschen und nicht für etwas sinnvolles einsetzt ließe sich nahezu ewig fortsetzen.

3.) Dass die Bundewehr und ihre politischen Führer*innen zwar von Werten reden, diese aber nicht umsetzen, liegt daran, dass die deutschen Interessen immer zuerst kommen und den Daseinszweck der Bundeswehr darstellen. Deshalb spielt es dann auch keine Rolle, dass die Bundeswehr schon unter Minderjährigen nach Menschen sucht, die diese Interessen durchsetzen sollen. Kindersoldat*innen [4] also, die kaum etwas vom Leben hatten, sehr wohl aber die Waffe in die Hand nehmen dürfen, auch wenn einige das nicht lange mitmachen. [5] Deswegen ist es zwar möglich, dass die Bundeswehr den Menschen in den von ihr besetzten Gebieten tatsächlich hilft und z.B. klischeehaft Brunnen bohrt und Mädchenschulen baut, es ist aber nicht ihre Kernaufgabe. Deshalb sind humanitäre Errungenschaften auch nur ein Nebenprodukt des Einsatzes, welches immer zur Disposition steht. Wir leugnen also nicht, dass die Bundeswehr die sympathischere Akteurin gegenüber den Taliban oder dem IS ist, wir stellen nur fest, dass sie diese Gruppen aus den falschen, nationalen Gründen und unter dem Primat deutscher Interessen nicht einmal besonders nachhaltig bekämpft. Sollte es irgendwann im deutschen Interesse liegen aus dem westlichen Staatenbündnis auszuscheren, würden Bundeswehr-Soldat*innen ohne Probleme Islamist*innen ausbilden und die kurdischen Peshmerga links liegen lassen - ähnliche Rotationen durchziehen die internationale Geschichte der Militäreinsätze.

4.) Die Bundeswehr setzt Gewalt also primär zur Durchsetzung kapitalistisch definierter Interessen ein, weshalb wir sie ablehnen. Auch wenn wir grundsätzlich darüber erfreut sind, dass die Junge Union Deutschland zu ganz ähnlichen Schlüssen kommt und die deutschen Soldat*innen regelmäßig dafür lobt, dass sie für ihr Land, seine Sicherheit und die der Handelswege unter Beteiligung deutschen Kapitals ihr Leben riskieren würden, sind die Schlussfolgerungen der JU ernüchternd. Aus dieser zutreffenden Analyse folgt leider keine Ablehnung der anti-humanistischen Prinzipien, die dem ganzen zugrunde liegen, sondern eine absurde Über-Identifikation mit der deutschen Armee. [6] So fordert die Bundes-JU mehr Bundeswehr-Leute an Schulen, einen "Tag der Solidarität" mit der Bundeswehr, das Tragen einer "gelben Schleife" für die militärische Sache, einen Totenkult um gefallene Soldat*innen, mehr öffentliche Veranstaltungen der Bundeswehr, einen "besonderen Gerichtsstand im Ausland" [7] und generell "mehr Uniform im Alltag". Das Ziel ist klar: Die Identifikation des "deutschen Volkes" mit der Armee, die Präsenz der bewaffneten Interessenvertretung Deutschlands im Alltag und die Bereitschaft der Bürger*innen für ihr Land zu töten und zu sterben. [8] Deshalb ist die JU als militaristische Vereinigung zu bezeichnen. Da die Junge Union in Halle voll auf Linie liegt und für die zukünftigen und vergangenen Toten schon einmal Kränze am sogenannten "Volkstrauertag" ablegt, trifft das auf sie genauso zu. [9] Mit der aktuellen Veranstaltung beweist sie das wieder einmal: Mit Bundeswehr und Junge Union wächst zusammen, was zusammen gehört und das Ergebnis ist nicht gerade schön.

5.) Interessant dabei ist, dass sich die Junge Union sonst so vehement gegen jede Form von Gewalt ausspricht und auf sie (oder oft: vermeintliche Gewalt) panikartig reagiert. Wenn irgendwelche "Linksextremist*innen" es gewagt haben sollten, eine Mülltonne anzuzünden, fordert die Junge Union regelmäßig Distanzierungen und betont ihre absolute Gewaltlosigkeit in der politischen Auseinandersetzung. [10] Wir halten es für ziemlich absurd, so schamlos für die institutionalisierte Gewalt schlechthin - also die Armee - zu werben und deren Stärkung zu verlangen und sich dann als gewaltlos hinzustellen. Festzustellen ist, dass die Bundeswehr wesentlich gewalttätiger agiert als es jede angeblichen Blockupy-Krawalle je könnten. Diese Wahrnehmungsverzerrung ist wie gesagt absurd und auch bedauerlich, folgt aber einer konservativen Logik: Wer für Deutschland tötet, hat die Solidarität des deutschen Volkes in Form von Straffreiheit und Ehrung verdient, wer gegen die Interessen des Landes handelt, wird bestraft und soll vom Staatskörper isoliert werden.

Fazit: Unsere Aktion soll die Junge Union nicht vor der Bundeswehr schützen und die Indoktrination junger Menschen seitens ausgebildeter Offizier*innen verhindern, denn die Junge Union hat sich selbst immer wieder als militaristischer positioniert als es die Bundeswehr gegenwärtig überhaupt kann. Oder anders gesagt: Die Bundeswehr wäre gerne so militaristisch wie die Junge Union sie gerne hätte. Deshalb passen die beiden Organisationen perfekt zusammen und es ist ausdrücklich zu begrüßen, dass sie ihr politisch-militärisches Bündnis so offen eingehen. Wir lehnen dementsprechend auch beide Akteur*innen ab und fordern deshalb dazu auf:

JU demobilisieren - Deutschland in den Rücken fallen!

Verweise:


[2] http://www.einsatz.bundeswehr.de/portal/a/einsatzbw/!ut/p/c4/04_SB8K8xLLM9MSSzPy8xBz9CP3I5EyrpHK9pPKU1PjUzLzixJIqIDcxu6Q0NScHKpRaUpWqV5yfm5iTmaiXmZeWHw_l6BdkOyoCAKLz-AE!/




[6] Wir wollen die JU Halle nicht für jeden Ortsverband verantwortlich machen. Sie trägt ihre eigenen Positionen und die ihres Bundesverbandes mit. Die Aktion "Plätzchenbacken für die Truppen" der JU Worms sollte aber niemandem vorenthalten werden: http://www.ju-worms.de/aktuelles/weihnachtsplaetzchen-fuer-die-bundeswehr-im-irak-handfeste-unterstuetz/

[7] Interessant ist auch, wie die JU die Kritik an einer eigenen Militärgerichtsbarkeit abkanzelt: "Es steht zu befürchten, dass die 172 FDP-Bundestagsfraktion und das FDP-geführte Bundesjustizministerium dieses notwendige 173 Gesetz aufgrund innerparteilicher Probleme und vermeintlicher rechtsstaatlicher Bedenken 174 nicht mehr unterstützen werden."



[10] Oder fordert gleich das Verbot linker Bündnisse: http://data.junge-union.de/pdf/2015/10/29/4715-5632282b27b80.pdf